Seit ich zum ersten Mal Fotos aus Holland von den Windmühlen in Kinderdijk gesehen hatte war mir klar, dass ich dort auch unbedingt einmal hin möchte. Bisher hatte sich da nie wirklich ergeben. Entweder hat das Wetter einfach nicht gepasst an den Tagen wo ich es mir vorgenommen hatte oder aber es ist irgendetwas dazwischen gekommen.
Als ich dann im April für einen Tag zur Tulpenblüte nach Holland gefahren bin, war mir schnell klar, dass ich den kleinen „Umweg“ über Kinderdijk aber gerne in Kauf nehmen würde. Gute zwei Stunden Anfahrt sind es aus dem Ruhrgebiet in die Region Dordrecht, wo sich die Windmühlen befinden.
Da ich zum Sonnenaufgang dort sein wollte, hieß das Ende April für mich, dass ich gegen 4 Uhr Nachts losfahren musste. Die Sonne würde gegen 6.30 Uhr aufgehen und ich hatte natürlich noch auf eine schöne Stimmung VOR dem eigentlichen Sonnenaufgang gehofft. Ich sollte nicht enttäuscht werden.
Die Windmühlen von Kinderdijk
Seit 1997 zählen die Windmühlen von Kinderdijk zum UNESCO Weltkulturerbe und gelten als DAS Symbol für das Wassermanagement in Holland. Die 19 Windmühlen hier sind schließlich Teil eines umfangreichen Wasserwirtschaftssystems zur Prävention von Überflutungen.
Der Besuch hier auf dem Gelände kostet erfreulicherweise nichts. Man kann also überall frei herumlaufen, ohne etwas dafür zahlen zu müssen. Wo gibt es so etwas heutzutage noch !? Lediglich für den Besuch der beiden Museumsmühlen (Nummer 2 und Nummer 7) wird ein kleiner Obolus fällig, Erwachsene müssen dafür 8 EUR zahlen, Kinder unter 4 Jahren sind kostenlos. Alle dazwischen zahlen 5.50 EUR. Auch der offizielle Parkplatz kostet eine kleine Gebühr.
Interessant finde ich, dass außer die Museumsmühlen alle anderen privat bewohnt werden. Die Windmühlen zählen inzwischen tatsächlich zu einem der am meisten fotografierten Orte in den Niederlanden und sind sogleich eine der bedeutendsten touristischen Attraktionen des Landes.
Kaum zu glauben eigentlich, bei meinem Besuch früh morgens waren – außer knapp 15 Fotografen – nämlich keine Menschen weit und breit zu sehen.
Unterschiedliche Bauformen
Drei unterschiedliche Bauformen haben die Windmühlen von Kinderdijk. Die 8 Mühlen des Nederwaard-Polders sind beispielsweise rund und bestehen aus Backstein. Diese Mühlen bezeichnet man als Grundsegler, weil die Flügel der Mühlen so lang sind, dass sie fast den Boden erreichen.
Die verbliebenen 10 Mühlen des Overwaard-Polders sind achteckig und bestehen zum Großteil aus Hold. Das Dach besteht hingegen aus Riet, die Flügel sind nicht ganz so lang wie bei den Mühlen des Nederwaard-Polders.
Die dritte Bauform ist ein Unikat hier in Kinderdijk, nur die einzelne Mühle auf dem Blokweer-Polder wurde in der Köcherbauform errichtet. Der untere Teil besteht aus Ziegeln, der ungewöhnliche obere Teil aus schwarz lackiertem Holz. Die Mühle ist mehrmals abgebrannt im Laufe der Jahre, wurde zuletzt 1997 aber wieder aufgebaut. Zu sehen ist sie hier unten rechts auf dem Foto.
Geschichte der Windmühlen
Die 19 Windmühlen wurde allesamt zwischen 1722 und 1761 erbaut. Rein äußerlich sieht man ihnen das aber nicht wirklich an finde ich, sie sehen allesamt recht gut erhalten aus. Die 19 Mühlen sind das Überbleibsel von ehemals über 1000 (!) Windmühlen hier in der Gegend.
Knapp ein Drittel der Fläche Hollands liegt unterhalb des Meeresspiegels. Um das Wasser kontrollieren zu können, wurde im 14.Jahrhundert vom holländische Graf Floris V die sogenannten Deichverbände ins Leben gerufen. Damit sollte eine Art Deichring entstehen, der das gesamte Gebiet rund um Alblasserwaard (so heißt die Gegend hier) schützt.
An dieser Stelle kommen die Windmühlen ins Spiel. Mit ihnen konnte man das Sumpfgelände hier vor Ort, welches zu großen Teilen ebenfalls unter dem Meeresspiegel liegt, entwässern und somit auch für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Das überschüssige Wasser wurde dafür in den Fluss Lek abgepumpt. Dies passiert auch heutzutage noch, allerdings nicht mehr durch die Windmühlen, sondern durch deutlich effizientere Pumpen.
Die Mühlen stehen übrigens nicht ohne Grund allesamt in einer Reihe. So ist man in der Lage gewesen, das Wasser immer ein paar Zentimeter höher zu pumpen. So konnte man es am Ende sogar über einen Deich leiten.
Anfahrt nach Kinderdijk
Die Windmühlen bei Kinderdijk erreicht man problemlos mit dem Auto über die Autobahn A15. Dort nimmt man die Abfahrt 22 (Ablasserwaard), Kinderdijk ist ab da ausgeschildert. Von der Abfahrt der Autobahn bis zu den Windmühlen sind es dann noch einmal circa 15 Minuten je nach Verkehrslage.
Wer sich viel herumlaufen sparen möchte, der fährt einfach bei 51°52’32.8″N 4°38’02.8″E in die Straße Molenkade. Dies ist eine Sackgasse, die man aber bis zu einem Parkplatz (51°52’32.8″N 4°38’02.8″E) durchfahren kann. Dann braucht man nur noch über die kleine Holzbrücke gehen und hat den besten (und auch bekanntesten) Blick auf die Windmühlen.
Natürlich kann man aber auch mit dem Fahrrad oder sogar mit dem Boot hier nach Kinderdijk kommen. Auch die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist hervorragend.
Für schlappe 5 EUR könnte man auch mit dem Kanal Hopper, einem kleinen Boot, über das Wasser an den Windmühlen entlang fahren.
Wissenswertes zum Thema Windmühlen
Windmühlen sind ja durchaus nicht nur fotogen, sie haben auch jede Menge Potenzial für Geschichten. Interessant ist auch, dass die Mühlen nicht nur als Werkzeuge dienen, sie werden auch häufig zur Kommunikation verwendet. Wie soll das gehen, fragst Du Dich vermutlich jetzt.
Nun, diese „Sprache“ drückt sich in der Position der Flügel aus. Es gibt zum Beispiel einen Zustand der Freude, der bei einem glücklichen Ereignis, wie zum Beispiel einer Heirat oder Geburt verwendet wird. Der unterste Docht ist in der Freudenposition vor der Mitte angebracht.
Auch wenn jemand verstorben ist, lässt sich das durch die Stellung der Flügel ausdrücken. Dann sichert der Müller den untersten Flügel rechts von der Mitte. Das ist dann die sogenannte Trauerposition.
Wenn eine Mühle für kurze Zeit stillsteht, spricht man von kurzer Pause. Durch das Platzieren der Mühlenmesser als „Pluszeichen“ weiß die Umgebung des Müllers, dass die Mühle für einen kurzen Zeitraum nicht funktioniert. Man spricht hier auch von der kurzen Ruheposition.
Wenn eine Mühle längere Zeit nicht benutzt werden kann, bringt der Fräser die Klingen in die lange Ruheposition. Die Klingen werden dann als „X“ fixiert.
Die meisten Windmühlen der gesamten Niederlande findet man übrigens in der Gemeinde Kaag en Braassem, das liegt nordöstlich der Stadt Leiden und südwestlich von Amsterdam.
Weiterführende Links
Lage der Windmühlen von Kinderdijk
Die Windmühlen liegen in Kinderdijk, knapp 15 Kilometer südöstlich von Rotterdam entfernt. Der Ort selber hat gerade einmal etwas über 600 Einwohner. Die Nähe zu einer Großstadt merkt man vor Ort allerdings nicht wirklich. Gerade früh Morgens bietet sich die Gelegenheit für tolle, stimmungsvolle Aufnahmen.
Allgemeine Tipps für einen Besuch
- Wenn Du solche Fotos wie hier oben machen möchtest, wo Du eine tolle Spiegelung im Wasser hast, dann ist das eigentlich nur früh morgens oder abends möglich. Zwischendurch fahren die Boote auf dem Wasser, an eine spiegelglatte Wasseroberfläche ist daher im Tagesverlauf so gut wie nicht zu denken.
- Jedes Jahr Anfang September findet hier die sogenannte Verlichtingsweek oder auch Illumination Week statt. Dann werden die Windmühlen passend zur Blue Hour den ganzen Abend angestrahlt und beleuchtet. Viele Fotografen kommen nur deswegen hier her.
- Wer im Juli oder August Kinderdijk besucht, der hat vielleicht Glück und die Flügel der Mühlen drehen sich. Jeden Samstag werden sie nämlich für einen Tag lang in Betrieb genommen.
- Der beste Punkt für Fotos ist die Stelle, an welcher der Weg samt Fluss einen Knick macht (51°52’46.6″N 4°38’42.3″E). Von dort aus hat man ein tolles Panorama in alle möglichen Richtungen. Hier versammeln sich auch anscheinend die meisten Fotografen.
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Unterkünfte in Kinderdijk
Wenn Du die Windmühlen bei Kinderdijk besuchen möchtest, dann bietet sich eventuell auch eine Übernachtung hier in unmittelbarer Nähe an. So hast Du die Möglichkeit mehrere Lichtstimmungen auf Deinen Fotos einzufangen.
Ziele in der Umgebung
Kinderdijk liegt strategisch relativ gut, sodass sich viele Ziele in der Umgebung problemlos mit einem Besuch kombinieren lassen.
In Richtung Norden bei Rotterdam bietet sich zum Beispiel ein Besuch des Euromast Aussichtturmes an. Von der 100 Meter hohen Aussichtsplattform hat man einen tollen Rundumblick bis zum Meer. Auch einige Nervenkitzel-Attraktionen werden dort angeboten, wie zum Beispiel das Abseilen am Turm oder das Hinuntergleiten aus 100 Metern Höhe mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 km/h.
Auch der Zoo Diergaarde Blijdorp in Rotterdam mit seinem tollen Haitunnel ist für Familien sicherlich interessant. Den Haag ist auch nicht wirklich weit weg, dort bietet sich unter anderem ein Besuch des Piers.
Etwas südöstlich liegt der Freizeitpark Efteling und der Nationalpark De Loonse en Drunense Duinen, mit seinen beeindruckenden Sanddünen. Mit rund 30 km² handelt es sich dabei in der Tat sogar um die größten Flugsanddünen Europas.
Und in meiner interaktiven Karte findest Du über 50 weitere Sehenswürdigkeiten in Holland.
Weitere Berichte zu Holland von anderen Reisebloggern
Sina berichte auf Ihrem Blog vom Camping mit Hunden auf Texel. Auch dort findet man übrigens eine tolle Windmühle.
Und jetzt Du, kennst Du die Windmühlen von Kinderdijk?
Bist Du selber schon bei den Windmühlen in Kinderdijk gewesen? Wie waren Deine Erfahrungen? Zu welcher Jahreszeit hat Dein Besuch stattgefunden? Und hast Du vielleicht irgendwelche Tipps für die Leser, die hier nicht mit aufgeführt werden? Dann hinterlasse mir doch einen kurzen Kommentar, ich würde mich sehr darüber freuen.
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Lieber Andreas,
in Kinderdijk waren wir auch schon und total begeistert! Ein Muss für jeden Niederlande-Fan, finde ich.
Deinen Tipp für die besten Fotos finde ich klasse.
Viele Grüße von Sanne
Ach schön. Ich plane gerade für diesen Sommer einen kleinen Roadtrip durch einen Teil unseres Nachbarlandes. Da kommt der Bericht gerade wie gerufen. :) Lieben Dank für die schönen Bilder und die Inspriation.
Liebe Grüße
Tanja
Lieber Andreas,
die Fotos sind es absolut wert, dass Du so früh aufstehen musstest. Ich hoffe, Du hattest wenigstens Kaffee dabei!
Die Windmühlen möchte ich mir auch gerne mal ansehen (auch weil sie natürlich UNESCO welterbe sind :) )
Mittlerweile gibt es ja leider bei uns immer weniger davon, was ich sehr schade finde. Das mit der Flügelposition zwecks Kommunikation wusste ich auch, da ich bei uns im Alten Land bei Hamburg schon einmal eine Mühle inkl. kleinem Museum besucht habe.
Aber in Holland sehen sie einfach noch 10x schöner aus.
Lg Miriam
Hi Miriam. Ich bin nicht so die Kaffeenase, hatte aber an dem Tag tatsächlich welchen mit – allerdings eher für die nächtliche Fahrt ;-) Für die Windmühlensuche in Holland ist diese Karte hier ganz hilfreich, nur für den Fall das du selber mal hinfährst demnächst :-)
Lieber Andreas,
ich liebe Windmühlen – Leuchttürme aber fast noch ein bisschen mehr :-)
Perfekt zum heutigen UNESCO Welterbetag kommt dein Artikel. Ich werde mich noch ein bisschen einlesen und dann deine Windmühlen mal nachfahren.
Liebe Grüße, Katja
Hi Katja, das stimmt, Leuchttürme sind mindestens genauso klasse, da könnte ich mich manchmal auch dumm und dämlich fotografieren. Gab es jetzt halt in Holland nicht sooo viele entlang meiner Route. Aber prinzipiell auch bei mir immer ein Motiv, was ich gerne ansteuere.
Hallo Andreas,
Windmühlen haben ihre ganz besondere Ausstrahlung. Ich war gerade auf Amrum und die beiden Windmühlen dort sind einfach wunderschön.
Deine Faszination dafür kann ich total nachvollziehen. Danke für den schönen Bericht darüber.
Liebe Grüße
Liane
Hi Liane, irgendwie haben Windmühlen etwas beruhigendes, so wirklich erklären kann ich das gar nicht. Leider konnte ich bei einigen nicht anhalten, als ich nach Kinderdijk noch weiter gefahren bin, weil es keine Gelegenheit gab dort iwo abzubiegen. Aber ich hab trotzdem schon wieder ein paar neue interessante fürs nächste Mal gefunden :-)
Lieber Andreas,
also der Umweg hat sich gelohnt! Sehr gut sind auch deine Fototipps, die Fotos sind wie immer sehr gelungen :-)
Wir mögen ja Windmühlen auch sehr gerne, die wirken immer so beruhigend…
Liebe Grüße
Ines und Thomas
Lieben Dank. Joa, an diesem Morgen damals war da eh extrem beruhigend. Trotz einiger Fotografen vor Ort. Keine Hektik, alle mit sich selbst und den Kameras beschäftigt, außer dem Gesang einiger Vögel und dem quaken einige Enten war rein gar nichts zu höre – das war schon klasse und ich war bestimmt nicht zum letzten Mal dort glaube ich