Recht früh sind wir alle wach heute Morgen, vermutlich ist die Müdigkeit von gestern inzwischen der Neugier gewichen was uns in den nächsten Tagen erwartet im winterlichen Island.

Auschecken brauchen wir nicht großartig, wir sollen einfach die Tür zuziehen und fertig. Island eben. So starten wir gut gelaunt in den Tag, verlassen Grabrok und machen erst einmal ein paar Kilometer gut bis zum Kolugjúfur. Bis zu unserer heutigen Unterkunft sind es immerhin fast 400km. Eine Strecke, bei der man im Winter nicht zwingend davon ausgehen kann das man sie auch in der Lage ist zu fahren.

Zu viele Faktoren können einem hier einen Strich durch die Rechnung machen. Sei es nun starker Schneefall oder noch schlimmer, damit verbundenes Schneetreiben. So etwas MUSS man immer mit einkalkulieren. Heute haben wir aber zum Glück keinerlei Probleme was das angeht. Petrus scheint es gut mit uns zu meinen und so fahren wie die meisten Zeit der Sonne entgegen.

 

Kolugljúfur

Unser erster Stopp ist schließlich der Kolugjúfur unweit der Ringstraße. Wobei der Name ein wenig irreführend ist, damit ist nämlich lediglich die Schlucht gemeint. Der Wasserfall trägt eigentlich den Namen Kolufossar. Es ist ein lohnenswertes Ziel zu dieser Jahreszeit da die Gischt und die niedrigen Temperaturen hier ein wunderschön vereistes Szenario gezaubert haben.

In drei Etappen fällt der Wasserfall nach unten und endet schließlich in einem kleinen Canyon, eben jenem Kolugljúfur.

Jeder von uns ist sofort hin und weg, es scheint ein guter Einstieg zu sein in das was uns in den kommenden Tagen noch erwarten sollte. Auch wenn wir hier alle ohne Schuhspikes herumlaufen, diese sollte man tunlichst überstülpen zu dieser Jahreszeit.

Große Teile der Steine sind vereist und man muss höllisch aufpassen das man sich nicht auf den Allerwertesten setzt. Wir sind zwar alle sehr bedacht und vorsichtig, aber das ist sicherlich nicht unbedingt die Regel wenn man einige isländische Schlagzeilen der letzten Monate verfolgt hat.

Kolugljúfur Wasserfall im winterlichen Kleid

Kolugljúfur Wasserfall im winterlichen Kleid

 

Ein kurzer Blick in den Canyon auf der gegenüber liegenden Seite.

Kolugljufur Canyon

Kolugljúfur Canyon

 

Eine kleine Schrecksekunde ereilt uns dann noch als wir fertig sind und weiterfahren möchten, der Wagen springt nämlich nicht mehr an. Fast hat es den Anschein als wenn die Batterie leer ist, aber die Leuchten im Display funktionieren … daher konnte das eigentlich nicht sein.

Nach kurzer Ratlosigkeit hat Robert dann herausgefunden das man mehrmals die Kupplung treten muss damit der Wagen wieder Anstalten macht anzuspringen. Ein Diesel eben, das hab ich schon gefühlte zwanzig Jahre nicht mehr erlebt.

Nachdem wir also durchatmen können geht es einmal quer über die Ringstraße rüber zum Hvítserkur auf der Vatsnes-Halbinsel. Der Felsmonolith im Meer ist von hier aus keine 40km entfernt und über eine gut zu fahrende Gravelroad zu erreichen. Zumindest für den Hilux war die Straße prima zu fahren, mit kleineren SUV oder generell Kleinwagen wie Golf, Polo etc. könnte das ganze eine ruckelige Angelegenheit sein.

Es gibt hier und da prima Wellblechpiste und Schlaglöcher vom feinsten. Schon jetzt fange ich an den Hilux zu mögen, er fährt diese 40km ohne jegliche Probleme und man fühlt sich wie auf einem Sofa.

 

 

Hvítserkur

Die Stichstraße runter zum eigentlichen Parkplatz ist wegen einer Eisfläche noch gesperrt. Wir wären mit dem Hilux vermutlich zwar runter und auch wieder hoch gekommen, aber die meisten anderen wahrscheinlich nicht. Daher wurde hier vorsorglich anscheinend direkt mal die ganze Straße gesperrt. Besser ist das wohl.

Also machen wir uns zu Fuß auf den Weg. Runter an den Strand macht gerade wenig Sinn, es ist Flut und somit nicht möglich bis vorne zu Fels zu gehen. Wir beschränken uns daher auf den oberen Aussichtspunkt neben dem kleinen Bachlauf.

15m ist der Felsen hoch und auch jetzt um diese Jahreszeit offensichtlich ein beliebtes Ziel für Möwen und Eissturmvögel, die um ihn herumschwirren. Irgendwie werde ich aber auch dieses Mal nicht wirklich warm mit dem Ort hier, ich kann aber nicht so richtig erklären warum überhaupt.

Der Felsen schaut toll aus, der Blick in den Fjord ist irre beeindruckend, die Eiszapfen im Bach sind extrem fotogen und das Wetter ist super – auch wenn ein eisiger, unangenehmer Wind dabei geht, der einem sofort die Finger an der Kamera festfrieren lässt.

Meine Fotolaune ist jedenfalls noch nicht ausgebrochen heute, das ist aber komischerweise jedes mal der Fall wenn ich hier stehe. Ich bin gespannt wie viele Besuche hier noch nötig sind bis der Funke überspringt.

Hvitserkur

Hvitserkur

 

Fjord beim Hvitserkur

Fjord beim Hvitserkur

 

Detailsuche im Bachlauf neben der hölzernen Besucherplattform … das vereiste Gras sieht schon beeindruckend aus.

Eiszapfen im kleinen Bachlauf beim Hvitserkur

Eiszapfen im kleinen Bachlauf beim Hvitserkur

 

Zurück auf der Ringstraße fahren wir schließlich weiter. Blönduós, das einzig nennenswerte Örtchen unterwegs für längere Zeit, lassen wir schnell hinter uns. Entlang der folgenden Hochebene lassen sich immer wieder fotogene Momentaufnahmen festhalten …

Ein Traum in weiss, die Ringstrasse

Ein Traum in weiss, die Ringstrasse

 

 

Víðimýrarkirkja

Die Víðimýrarkirkja wird heute von uns nur stiefmütterlich behandelt, ein “Zutritt verboten“-Schild steht vorne am Tor und das respektieren wir selbstverständlich.

So schön die Kirche auch sein mag, solche Schilder stehen ja niemals ohne Grund irgendwo. Ein schlichtes Bild von außen aus einem der letzten Urlaube muss daher reichen an dieser Stelle.

Víðimýrarkirkja

Víðimýrarkirkja

 

Glaumbær

Nicht weit entfernt befindet sich mit Glaumbær einer der letzten Torfhöfe der Insel. Die Hütten beinhalten heute teilweise ein Museum, welches zu dieser Jahreszeit allerdings nicht geöffnet ist.

Lediglich zwischen April und Oktober ist der Zugang hier möglich. In den Wintermonaten ist das Museum geschlossen. Trotzdem kann man das Areal betreten und sich die Hütten rein äußerlich anschauen.

Dank guter Pflege ist hier alles sehr gut erhalten, obwohl die einzelnen Gebäude bereits zwischen dem 18.und 19.Jahrhundert errichtet wurden. Die ursprüngliche Geschichte des Hofes reicht allerdings zurück bis in das 11.Jahrhundert. Bewohnt wurde der Hof hier noch bis ins Jahr 1947.

Durch die einzigartige Bauweise dieser Häuser und den Torfdächern überdauern die Gebäude über 100 Jahre problemlos. Zum einen liegt dies an der tragenden Konstruktion aus Treibholz, welche durch den Einfluss des Meerwassers extrem haltbar und widerstandsfähig ist. Zum anderen, weil die Außenwände aus sehr dicken Torfschichten bestehen.

Torf ist ein sehr haltbarer Baustoff. Das Dach selbst wurde lediglich mit Gras gedeckt. Der Name Grassodenhof kommt in diesem Fall also nicht von ungefähr. Neben dem Gelände gibt es noch eine Kirche samt Friedhof.

Glaumbaer Torfsiedlung

Glaumbaer Torfsiedlung

 

Glaumbaer Kirche

Glaumbaer Kirche

 

Glaumbaer Friedhof

Glaumbaer Friedhof

 

Auf der Weiterfahrt ändert sich dann plötzlich schlagartig das Wetter. Bis Akureyri hat eigentlich alles noch ganz gut ausgesehen, aber dort deuten sich dann schon die dicken Wolken an, die uns auf den nächsten Kilometern und den Rest des Tages begleiten sollten.

 

 

Goðafoss

Als wir schließlich am Godafoss eintreffen schneit es, und das nicht zu knapp. Vom schönen Wetter was uns bis eben noch begleitet hat ist nichts mehr übrig. Trotzdem stoppen wir natürlich und versuchen das Beste aus der Situation hier zu machen.

Es gelingt mir persönlich eher schlecht als recht, also spiele ich ein wenig mit der Slow-Mo Funktion des iPhone herum und schaue mir die Schneeflocken in Superzeitlupe an … hat auch mal was *g*

Da wir hier morgen oder übermorgen noch einmal her kommen beschränke ich mich heute auf ein schlichtes Hauruckfoto aus der Hüfte. Nix Besonderes, das Wetter vermiest mir gerade halt ein wenig die Laune am fotografieren.

Godafoss bei eher suboptimalen Bedingungen

Godafoss bei eher suboptimalen Bedingungen

 

Die Weiterfahrt zum Myvatn ist etwas mühselig, nur langsam nähern wir uns dem Ziel und kurz vorm Hotel bricht der Hilux sogar hinten auf einer Eisfläche kurz aus und ich bin damit beschäftigt das wir nicht von der Straße rutschen und im Graben landen. So schnell kann es im Zweifelsfalle also gehen, ich hab die vereiste Fahrbahn nicht einmal wahrgenommen.

Im Laufe des Urlaubs lernt man aber dazu und alleine schon am Fahrgeräusch merkt man ob man sich ’nur‘ auf Schnee befindet oder bereits auf Eis unterwegs ist. Es sollte daher zum Glück die einzig brenzlige Situation bleiben.

 

 

Solfatarenfeld Námaskarð

Nachdem wir kurz in unserer Unterkunft eingecheckt haben bleibt nicht mehr viel übrig was man heute noch machen könnte. Es schneit, es ist bereits kurz nach 19 Uhr und dunkel wird es auch gleich. Trotzdem fahren wir noch einmal los zum Solfatarenfeld Námaskarð. Ich hatte die stille Hoffnung das es auf der anderen Seite des Berges vielleicht nicht schneien würde.

Tatsächlich war dem auch so, aber das Licht ist so gut wie weg als wir an der Geothermal Area ankommen. Wir halten uns daher nicht allzu lange hier auf und beschließen den restlichen Abend in der Unterkunft zu verbringen.

Solfatarenfeld Námaskarð

Solfatarenfeld Námaskarð

 

 

Unterkunft Sel Hotel Myvatn

Für das Sel Hotel Myvatn hatte ich mich aus mehreren Gründen entschieden. Zum einen war der Preis recht gut für zwei Tage. Zum anderen hatte ich natürlich die berechtigte Hoffnung das die Lage einfach optimal wäre.

Der Grund ist einfach: Das Hotel liegt genau im Süden vom Myvatn, sollte es also Polarlichter geben könnte man diese dann einfach von vorm Hotel aus in Richtung See und Skútustaðir Pseudokrater fotografieren. So bräuchte man nicht extra noch irgendwo hinfahren. Worauf ich alles so achte beim buchen ist schon lustig manchmal *g*

Zusätzlich zu diesen beiden Punkten wird das im Preis inkludierte Frühstück in den Bewertungen oft gelobt und auch das ist für mich immer ein Buchungskriterium.

Wetterbedingt gab es jedenfalls keinen Grund heute noch irgendwo auf die Suche nach Polarlichtern zu gehen. Einzig nennenswertes Vorkommnis war dann nur noch ein Anruf für Robert vom Unternehmen Elding.is, wo er, Krisztina und Mario übermorgen eine Walbeobachtungs-Tour von Akureyri aus machen wollten. Das Ganze war bereits schon von zu Hause aus gebucht.

Auf Grund der geringen Nachfrage aktuell werden aber die Teilnehmer von verschiedenen Tagen kontaktiert um sie alle gemeinsam an einem Datum zu versammeln. Und dieses Datum war nun Morgen. Vermutlich auch wegen dem Wetter, die Vorhersage für übermorgen deutet nämlich auf Dauerschneefall und Sturm hin. Dabei wäre die Tour dann ausgefallen.

Das heißt für unsere eigene morgige Planung natürlich das jetzt alles über den Haufen geschmissen werden muss. Ursprünglich hatte ich nämlich vor, mit den anderen die Gegend um den Myvatn herum inklusive Dettifoss abzuarbeiten.

Die Aussichten für Morgen sehen hervorragend aus und der Tag wäre bestimmt ganz gut verlaufen dann. Für übermorgen war hier aber starker Schneefall vorhergesagt, genau wie für Akureyri. Nutzt aber alles nichts, wir fahren morgen früh in aller Ruhe jetzt einfach noch einmal zum Godafoss und juckeln von dort aus schön gemütlich weiter nach Akureyri. Die Tour startet Mittags erst, das können wir dann also ganz relaxt angehen lassen. Gute Nacht …