Die Wanderung hoch nach Angels Landing zählt für Wanderer weltweit zu einer der schönsten überhaupt, die man weltweit machen kann. Vergleichbar mit der Pico to Pico Wanderung auf Madeira kann man glaube ich fast schon sagen, dass sie so eine Art Kultstatus genießt.
Ob es daran liegt, dass man auf dem letzten Drittel die meiste Zeit nur mit Hilfe von dicken Eisenketten den Berg erklimmen kann, oder ob es einfach um die grandiose Aussicht geht … ich glaube, letzten Endes spielt das keine Rolle. Der Landeplatz der Engel ist einfach ein grandioses Erlebnis für jeden Hiker.
Viele müssen Ihre Höhenangst überwinden, nicht alle schaffen es und drehen unterwegs enttäuscht um. Wie es uns ergangen ist und welche Emotionen wir unterwegs hatten, das erfährst Du in diesem Artikel.
Wanderung nach Angels Landing
In aller Früh stehen wir an diesem Tag auf, um auf möglichst wenig andere Wanderer zu treffen. Der Shuttle-Bus ist um diese Uhrzeit noch wunderbar leer – genauso leer wie gestern Morgen. Wir hören uns erneut die Geschichte des Zion National Parks an, die vom Fahrer vorne durch die Lautsprecher des Shuttles zum Besten gegeben wird.
Bereits an der Ziel-Haltestelle The Grotto kann man den markanten Berg erkennen, den wir heute erklimmen wollen. Auf den ersten Blick fragen wir uns unweigerlich, wo denn da überhaupt irgendein Wanderweg sein soll. Man kann nämlich nicht einmal ansatzweise einen erahnen oder den Verlauf des Trails erkennen. Er ist quasi an die Seitenwand des Refrigerator Canyons getackert und erst, wenn man sich in einigen Metern Höhe befindet, erkennt man wie er sich nach oben schraubt.
Der erste Anstieg
Ziel-Haltestelle für die Wanderung ist – wie gesagt – The Grotto. Von hier geht man über die Brücke des Virgin Rivers und es beginnt der 5 Meilen lange Roundtrip. Zugegeben, 2.5 Meilen oneway hört sich jetzt gar nicht so dramatisch an. Ich hatte im Vorfeld viele Fotos im Netz angeschaut und auch viele Berichte gelesen. Immer habe ich gedacht, die Leute übertreiben und so aufregend wird das ganze schon kaum sein. Aber weit gefehlt.
Dieser Tag wird in unserem Gedächtnis bleiben bis wir alt und grau sind, denke ich. Selten bin ich persönlich mit solch einem guten Gefühl irgendwo am Ziel angekommen wie oben beim „Landeplatz der Engel“. Alleine der Name ist ja schon verheißungsvoll, ob er tatsächlich hält, was er verspricht, könnt Ihr auf dieser Seite nachlesen. Nur soviel: Der Hike ist nichts für schwache Nerven oder Leute mit Höhenangst!
Dieser erste Abschnitt ist weitestgehend noch ein lockerer Spaziergang. Erst am Ende dieser Serpentinenartig angelegten Switchbacks wird es zunehmend steiler, so dass jeder Schritt in den Waden anfängt zu brennen. Zum Glück liegt am frühen Morgen hier noch alles im Schatten. Bei Sonnenschein möchte ich das nicht unbedingt laufen müssen. Runter okay, aber rauf? Nein Danke!
Walters Wigglers
Der Weg vom Ende der ersten Serpentinen bis zum nervigsten Stück der gesamten ersten Hälfte, den Walters Wigglers, verläuft dann erst einmal relativ flach. Es kommt einem gar nicht so vor, als wenn man hier gerade eine Wanderung in Angriff nimmt, welche unter Hikern aus aller Welt quasi Kult-Status hat.
Die sogenannten Walters Wigglers sind 21 scharfe U-Turn,s die sich in weniger als einer Viertel Meile 900 Fuß nach oben schrauben. Fertig gestellt wurde dieser Abschnitt bereits im Jahre 1926.
Hat man diesen kräftezehrenden Abschnitt hinter sich gelassen, kommt auch schon ein erstes kleines Holzschild. Hier wird einem noch einmal in Erinnerung gerufen das der weitere Weg nicht ganz ohne ist.
Scout’s Lookout
Man befindet sich jetzt am sogenannten Scout’s Lookout. Hier gibt es auch zwei Pit Toilets. Sehr viele Wanderer machen hier Pause, bevor sie sich entscheiden entweder umzudrehen oder weiterzugehen. Entscheidet man sich für die erste Option, beträgt die Länge der Wanderung (Roundtrip) 3.9 Meilen und man hat eine Höhendifferenz von 1070 Fuß bewältigt. Geht man weiter bis nach Angels Landing überwindet man dabei noch einmal 500 Fuß. Da wir keine halbe Sachen machen wollen, gehen wir natürlich weiter.
Am Scout’s Lookout trennt sich augenscheinlich die Spreu vom Weizen und die Zahl der Leute, die wieder kehrt macht, ist größer als wir gedacht hätten. Auch unterwegs treffen wir immer wieder auf Wanderer, die sich wegen dem recht starken Wind an dem Tag nicht weiter trauen und umkehren.
Step of Faith
Die schmalste Stelle des Trails ist der von Joe Braun sogenannte „Step of faith„. Der Fels ist hier nur wenige Fuß breit und rechts und links geht es 300m senkrecht nach unten. Absolut nichts für schwache Nerven und jeder der an diese Stelle kommt, hält erst kurz an. Ich hab zumindest niemanden gesehen der hier einfach mal eben so weiter gegangen ist. Das Foto oben hab ich verlinkt, weil keiner von uns beiden auf diesen paar Metern eine Kamera in der Hand gehabt hat.
Überhaupt ist fotografieren auf diesem Teilstück nicht so ganz einfach. Es geht stellenweise extrem steil auf Slickrock nach oben, man kommt oft gar nicht daran vorbei sich an den Ketten regelrecht hochzuziehen. Fotografieren ist da fast unmöglich und für jedes Bild muss extra die Kamera wieder ausgepackt und später wieder eingepackt werden. Sie einfach um den Hals baumeln zu lassen oder überzuschultern ist nicht ganz ungefährlich.
Die zweite Hälfte des Aufstiegs
Ich hoffe, man kann ansatzweise erkennen WIE steil es hier teilweise ist. Nein, die Fotos täuschen nicht, es ist wirklich so steil wie es aussieht. Nichts für schwache Nerven also, zumal es mindestens auf einer Seite ja immer steil nach unten geht. Ab und zu glaubt man das es erst gar nicht weiter geht und man muss sich wirklich erst einmal den Verlauf der Ketten ansehen. Irgendwie klappt es dann aber doch immer.
Oftmals kann man es selbst kaum fassen was man da gerade eigentlich macht und die Gefahr ist einem gar nicht so ganz klar glaube ich. Das diese Wanderung durchaus auch tödlich enden kann man hier nachlesen. Seit 2004 hat es 7 Abstürze mit Todesfolge hier gegeben. Das sollte man also immer auch im Hinterkopf behalten !!
An einer brenzligen Stelle überlegen wir kurz, ob wir umdrehen oder weiter gehen. Der Wind pfeift hier so stark um die Ecke das einem fast Angst und Bange wird. Andere Wanderer sind auch keine zu sehen, an denen man sich mal orientieren könnte. Aber wir sind schon so weit gekommen jetzt, nun umzudrehen wäre ja fast schon strafbar und wir würden uns hinterher bestimmt ärgern. Was tun? Lieber auf unser Herz hören? Oder doch auf den Verstand? Minuten vergehen, die gefühlt eine Ewigkeit dauern.
Das Herz gewinnt schließlich und wir klettern weiter. Meter für Meter, Stein für Stein, Steigung für Steigung, Atemzug um Atemzug. Immer wieder bieten sich dabei faszinierende und gleichzeitig furchteinflößende Aussichten fast senkrecht nach unten in den Canyon. Ich hatte nie Probleme mit Höhe, bin über 13 Jahre als Aufzugsmonteur oben auf der Kabine in Schächten durch die Gegend gefahren und bin recht abgestumpft was da angeht. Aber hier zu klettern, auf glattem Slickrock und teilweise nur wenige Meter breiten Felsen – das ist schon ein wenig bekloppt.
Angels Landing
Nach knapp 1 Std.45 min. haben wir es geschafft. Wir sind dort angekommen, wo wir bis vor kurzem niemals glaubten jemals anzukommen. Bei Angels Landing, dem Landeplatz der Engel. Kurz vor Ende des Trails wartet noch ein merkwürdiger Hoodoo mitten oben auf dem Fels …
… dann eröffnet sich der Blick in den Zion Canyon. WOW !!
Ich sag mal so, die Wanderung hat sich wahrlich gelohnt. Auch, wenn der Weg selber irgendwie natürlich schon das eigentliche Highlight ist. Solche Aussichten wie oben von Angels Landing selber in den Canyon gibt es ja doch einige hier im Park, dafür müsste man jetzt nicht zwingend extra hier hoch. Aber der Weg ist eben das Ziel – das gilt für diese Wanderung ganz besonders, finde ich.
Gerade einmal eine handvoll Leute ist mit uns zusammen oben auf der kleinen Plattform am Ende des Trails. Man tauscht sich untereinander über den zurückgelegten Weg aus und beglückwünscht sich. Jede Menge Fotos werden geknipst und einige füttern die – auch hier – vorhandenen Squirrels.
Es ist eine außergewöhnliche Atmosphäre hier oben. Alle reden miteinander, als würde man sich schon lange kennen. Fast scheint es so, als gehöre man zu einer großen Familie, wenn man hier gemeinsam mit den anderen Wandern steht die es hier oben hin nach Angels Landing geschafft haben. Es ist diese Art Feeling, was es – glaube ich – nur in den USA gibt.
Der Abstieg hinterher ist ebenfalls nicht ganz ohne. Manchmal kam es mir rauf sogar leichter vor als runter – und ich könnte jetzt nicht gerade behaupten, dass ich NICHT schwindelfrei bin. Die teilweise großen, natürlichen Stufen gehen ganz schön auf die Knie nach einiger Zeit.
Für den Rückweg haben wir auf jeden Fall genauso lange benötigt wie für den Hinweg, was aber mit Sicherheit auch daran gelegen hat das wir hier wieder mehr Fotos gemacht haben als auf dem Hinweg.
Fazit Angels Landing
Lohnt sich die Wanderung hoch nach Angels Landing? Aber UNBEDINGT! Es war für uns ein gigantischer Aufstieg, der unterm Strich aber dann doch nicht sooo schlimm gewesen ist wie ich persönlich es von einigen Berichten her befürchtet hätte.
Für Leute mit Höhenangst ist die Wanderung sicherlich nicht unbedingt empfehlenswert. Allen anderen können wir den Hike aber einfach nur ans Herz legen. Ihr verpasst sonst eine der schönsten Wanderungen, die es gibt. Nicht nur im Südwesten der USA, sondern in ganz Nordamerika und vielleicht auch auf dem Planeten !!
Der veranschlagte Zeitaufwand von ungefähr 4 Stunden ist durchaus für jeden realistisch und auch in die Tat umzusetzen denke ich. Mehr Zeit kann man aber natürlich immer brauchen, je nachdem wie viel man fotografiert unterwegs.
Und man wird zwangsweise sehr viel fotografieren. Da man dafür auch immer Geduld walten lassen muss, auf Grund der schmalen Trails, kann sich das ganz gerne schon einmal länger hinziehen als man denkt.
Fakten zur Angels Landing Wanderung
Länge der Wanderung
- ab Haltestelle The Grotto: Circa 8km Round Trip
Zeitaufwand
- ab Haltestelle The Grotto: Circa 4-6 Stunden
Höhenmeter
Man überwindet im Laufe der Wanderung 500 Höhenmeter!
Anstrengend oder nicht?
Ich würde sagen, definitiv anstrengend. Alleine das Stück relativ zu Beginn, wo man die zahlreichen Switchback nach oben muss, hat es in sich. Danach folgen noch die erbarmungslos ätzenden Walters Wigglers. Am Scouts Lookout daher unbedingt erst einmal Rast machen, bevor es auf den ab da recht schmalen Teil des Trails geht. Wer Höhenangst hat, der sollte sich ab hier genaustens überlegen ob er weiter geht!
Beste Tageszeit
Genau wie beim Observation Point würde ich dazu raten früh Morgens loszuwandern, so dass man am späten Vormittag oben am Aussichtspunkt ankommt. Die Sonne steht ansonsten genau über dem Tal und die Fotos werden bei Weitem nicht mehr so schön wie sie werden könnten.
Foto Tipps
Im Prinzip verhält es sich auch hier ganz ähnlich wie beim Observation Point. Auf dem Weg nach oben würde ich nur selten anhalten für Fotos. Dafür ist auf dem Rückweg immer noch genügend Zeit. Da man im oberen Teil häufig eine Hand an den Sicherungsketten hat, ist es mitunter schwierig mit der anderen Hand während des Aufstiegs zu fotografieren! Suche Dir dazu lieber einen sicheren Tritt irgendwo und mache das in aller Ruhe! Immer wieder gibt es zwischendurch kleinere natürliche Plattformen, wo dies problemlos möglich ist.
Angels Landing bei anderen Reisebloggern
Narrows
Wieder an der Haltestelle des Shuttle-Busses angekommen überlegen wir was wir noch so machen könnten. Es ist jetzt Mittagszeit, die Sonne knallt. Und da unsere Füße ja inzwischen eh regelrecht „warm gelaufen“ sind beschließen wir, zu den Narrows zu fahren, um uns ein wenig abzukühlen. Das paar Grad kalte Wasser des Virgin Rivers dürfte genau richtig sein dafür.
Dieses Mal wandern wir etwas weiter als beim letzten Mal. Da wir aber natürlich bereits eine mehrstündige Wanderung hinter uns haben ist nach einer guten Stunde Schluss und wir drehen wieder um. Die Narrows sind aber eine gute Idee nach dem Trip hoch nach Angels Landing finde ich. So hören die Füße relativ schnell wieder auf zu qualmen *grins*
Kurz noch ein paar Verrückte beim sogenannten Abseiling zugeguckt … und dann machen wir uns wieder auf den Rückweg.
Irgendwann sind unsere Füße nämlich dermaßen abgekühlt das sie sich anfühlen wie Eisklötze. Das Wasser hier im Zion River wird durch das Felsgestein eine halbe Ewigkeit gefiltert bis es den Fluss erreicht und ist dann wirklich EISKALT. Kein Wunder also, dass man sich in Springdale für genau diese Wanderung hier die oben erwähnten Neoprensocken samt passendem Schuhwerk für kleines Geld ausleihen kann.
Für Morgen ist geplant in Tropic zu übernachten. Auf dem Weg wollen wir dem Kolob Canyon, dem Cedar Breaks National Monument, dem Red Canyon und – natürlich – dem Bryce Canyon einen Besuch abstatten. Dort wird dann auch wieder gewandert.
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Eine sehr gute Beschreibung des Trails. Wir waren im Juli 2022 dort und mittlerweile muss man sich ja einen Permit für ein Zeitfenster besorgen. Der wird dann auch von den Rangern kontrolliert, bevor man auf den letzten Ketten-Trail hinter Scout Lookout darf. Eine gute Maßnahme, denn dadurch ist die Anzahl der Wanderer auf dem Trail begrenzt und es kommt nicht mehr zu den wohl gefährlichen Gedrängen an den Engstellen. Den Permit hatte ich ca. 3 Monate vorab beantragt, keine Probleme.
Ich hatte für die letzte Strecke Bedenken, denn 1985 hatte ich den letzten Aufstieg schon einmal abgebrochen. Ich hatte mich wegen der Höhe so verkrampft, dass es nicht mehr weiterging und ich musste nach dem ersten Drittel umkehren. Angel’s Landing war also über Jahrzehnte noch auf meiner Bucketlist. Diesmal habe ich mich gezwungen, auf dem Trail nicht herabzuschauen, sondern das Gesicht immer zum Fels! So ging es recht gut, auch wenn ich immer noch nicht locker war. Das Gefühl. es dann geschafft zu haben, ist großartig.
Wie beschrieben. ist auch der Rückweg nicht ohne, denn man muss sich jetzt an den Ketten teils herunterhangeln.
Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn der Trail ist schon einzigartig.
Im Sommer sollte man auf jeden Fall auch ein frühes Zeitfenster wählen, denn sonst brät die Sonne recht stark.
Hallo Friedrich, danke für den aktuellen und persönlichen Erfahrungsbericht. Super, dass du es tatsächlich im zweiten Anlauf geschafft hast.
Hallo Andreas,
danke für die tolle Beschreibung! Diese Tour steht definitiv auch auf unserer Liste im Sommer.
Ich bin noch etwas hin- und hergerissen, ob wir sie mit unseren Kids (dann 15, 15, 17) bis zu Ende laufen sollten. Deinen Bildern nach zu urteilen, werde wahrscheinlich ich zum Flaschenhals werden, da sie ja doch sehr strapaziös aussieht. Die Aufstiege über Ketten lassen mich jetzt schon ehrfürchtig der Wanderung entgegen blicken.
Liebe Grüße
Alex
Huhu … ich finde, auf sämtlichen Fotos sieht das immer schlimmer aus als es wirklich ist. Zwei, drei kniffeligere Stellen gibt es auf dem Weg nach oben, aber im Gesamten ist das eigentlich weitaus weniger anstrengend als man denkt. Als Alternative biete sich halt der Trail zum Observation Point an. Die Aussicht ist noch einmal spektakulärer, finde ich und der Trail ist gut ausgebaut, ohne Engpässe oder sonstige schlimmen Passagen. Für die Kids dürften beides coole Wanderungen sein ;-)
Hallo Andreas,
danke für Deine Einschätzung! Es ist unheimlich schwer abzuwägen, wie schwer ein Trail nun wirklich ist, weil man oft eine große Bandbreite an Meinungen erhält.
Der Trail zum Observation Point ist im Augenblick leider gesperrt.
In welchem Monat wart ihr dort und wie waren die Temperaturen?
Liebe Grüße
Alex
Das war im Oktober, Temperaturen waren relativ angenehm um die 20 Grad Celsius. Zum wandern eigt.ganz angenehm.
Merci! Dann werde ich Dir berichten können, wie es im Juli ist;-)
Juli dürfte auf jeden Fall nicht allzu kühl sein *lach* Startet am besten früh (nach Möglichkeit mit dem ersten Shuttlebus morgen früh), dann ist es noch angenehm und nicht zu voll ;-)